In: zwd Frauen und Politik, Nr. 237/2006, Seite IXzwd (utz) - "Sind Berufstätigkeit und Mutterpflichten vereinbar?" Setdem Hedwig Dohm diese Frage vor mehr als hundert Jahren in einem ihrer Essays mit einem klaren "Ja" beantwortet, hat das Thema nicht an Brisanz verloren - im Gegenteil.
Der von Nikola Müller und Isabel Rohner herausgegebene Band mit ausgewählten Texten dieser Vordenkerin aus der ersten Frauenbewegung gibt Einblicke in deren Denken, die bis heute nicht an Aktualität eingebüßt hat. Dohm plädierte schon damals für den Ausbau der Kinderbetreuung, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Damit war sie auch gegenüber ihren bürgerlichen Mitstreiterinnen, die für die Berufstätigkeit unverheirateter Frauen kämpften, eine Vorreiterin.
Listig wies sie zudem Frauen den Weg in Führungspositionen: "Ein Jurist, ein Prediger, ein Lehrer ist täglich nur stundenweise vom Hause abwesend, gar nicht von den Universitätsprofessoren zu reden (...). Es wären damnach die Ämter eines Professors, Predigers oder Lehrers wie geschaffen für die Frau, die zugleich Mutter ist." Vorausschauend nahm sie schlie0lich ihren männlichen Kritikern den Wind aus den Segeln: "Und der Ehemann (...) kann sich mit gutem Gewissen von der Frauen, die ökonomisch selbständig ist."
2006 wäre Hedwig Dohm 175 Jahre alt geworden. Als eine der ersten in Deutschland forderte die Berlinerin bereits 1873 das Stimmrecht für Frauen und setzte sich in ihren Romanen, Essays und Theaterstücken für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ein. "Menschenrechte haben kein Geschlecht", konstatierte sie 1876. Einige Beispiele ihrer scharfen Analysen mit elegantem Witz finden sich in diesem Band. Sie lassen die Leserin immer wieder schmunzeln, bestechen durch ihre Argumentationskraft und ihre Aktualität.
Nikola Müller, Isabel Rohner (Hrsg.): Hedwig Dohm - Ausgewählte Texte. Ein Lesebuch zum Jubiläum des 175. Geburtstages, trafo verlag 2006, 317 Seiten, 24,80 Euro, ISBN 3896265598
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